Kollaps

Kollaps oder Hoffnung

Es ist Dienstagabend 19.00 Uhr. Die Computer sind hochgefahren ein gutes Dutzend Leute aus Deutschland, Österreich und der Schweiz haben sich an ihren Bildschirmen zu einer Video-Konferenz zusammen geschaltet. Alle zwei Wochen treffen sie sich zum gemeinsamen Austausch über das Ende der Zivilisation. Alle Teilnehmer:innen sind der festen Überzeugung: So wie die Zerstörung der belebten Natur und der Lebensräume voranschreitet, gibt es keinen anderen Schluss, als dass die Welt untergeht.
Kollaps-Café nennt sich das Treffen, das Teil der sogenannten Kollapsologie-Bewegung ist, die sich besonders auf einen französischen Agrarwissenschaftler beruft, der vor zwei Jahren ein Buch mit dem Titel „Wie alles zusammenbrechen kann“ geschrieben hat.

Das Online-Café soll Gleichgesinnten einen Raum zum Austausch bieten. Die Teilnehmenden sprechen über ihre Gefühle, mögliche Vorbereitung auf den Kollaps und das Leben danach. Dass die Menschheit gänzlich ausstirbt, glauben die Anhänger:innen nicht. Nach ihrer Vorstellung führen zusammengebrochene Lieferketten, Öko- und Wirtschaftssysteme dazu, dass sich die restlichen Überlebenden in Kleingruppen durchschlagen müssen.

Interessanterweise finden sich in der Bibel ganz ähnliche Denk-Traditionen: Der Prophet Amos z.B. ist auch komplett hoffnungsfrei, wenn er in die Zukunft blickt. Angesichts des gesellschaftlichen Zustandes prophezeit er den Zusammenbruch des Staates. Damals ist es nicht das Klima, sondern der Umgang mit sozial Benachteiligten; zumal damals die religiösen Eliten den an sich unhaltbaren Zustand auch noch gerechtfertigt haben.

Im zweiten Teil der Bibel tritt dann der Freak Johannes mit dem Beinamen „der Täufer“ auf: Es gibt keine Garantie dafür, dass es mit eurer Art zu leben gut ausgeht, sagt er, darum: Kehrt um, macht nicht so weiter wie bisher, dann könnt ihr das Ruder noch herumreißen.

„Gerade dann, wenn nichts mehr zu erreichen ist, ist es notwendig noch mal für alles zu kämpfen“, sagt der Leiter des deutschen Kollaps-Cafés. Und ich denke: Genau diese Erkenntnis hat die ersten Christ:innen am Ostermorgen beflügelt sich im Namen des gestorbenen und auferstandenen Jesus zu versammeln. Nicht dienstags um 19.00 Uhr, sondern meist sonntags um 10.00 Uhr. Grundlage ist ein mehr als 2000 Jahre altes Buch, dem man den Titel geben könnte „Als alles zusammengebrochen ist.“ Und alle Teilnehmer:innen sind der festen Überzeugung: Aussterben ist nicht das Ende.

Dieser Beitrag wurde am 27.6.2024 bei Kirche im WDR gesendet

Bild: Unsplash

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