Sie sind mit dem Hund im Park spazieren. Die Sonne scheint, Vögel zwitschern, und der Vierbeiner jagt einem Ball hinterher, schnüffelt neugierig an den Blumen und bellt vor Freude.
Haben Sie sich schon mal gefragt, was in diesem Moment im Hund vorgeht? Spürt er die Wärme der Sonne auf seinem Fell? Freut er sich über den frischen Duft der Blumen? Und was bedeutet sein Bellen – empfindet er Glück? Oder: Sie streicheln das weiche Fell ihrer Katze, und die schnurrt wohlig. Empfindet sie dann so etwas wie Zufriedenheit?
Vor einigen Jahrzehnten hat meine Biologie-Lehrerin immer wieder davor gewarnt, Gefühle oder Empfindungen in das Leben von Tieren hinein zu interpretieren. Tiere haben Instinkte und Reflexe, mehr aber auch nicht – so ihr Credo. Denn zahlreiche Studien belegen, dass zumindest Vögel und Säugetiere komplexe Gehirne besitzen, die denen von Menschen sehr ähnlich sind:
Sie zeigen intelligente Verhaltensweisen, wie z.B. die Verwendung von Werkzeugen und sie kommunizieren untereinander. Forscher:innen haben sogar herausgefunden, dass Ratten Empathie zeigen, wenn eine andere Ratte Schmerzen hat. Andere Artgenossen versuchen sie dann, zu trösten. Das legt den Schluss nahe, dass viele Tiere – ähnlich wie wir – Freude, Trauer, Angst und Schmerzen wahrnehmen. Krähen und Elstern können sich sogar im Spiegel erkennen.
Das bedeutet: Sie wissen, dass das Spiegelbild sie selbst zeigt und nicht einen anderen Vogel. Einige Forscher sagen sogar, dass Tiere so etwas wie „Selbstbewusstsein“ haben, das ihnen hilft, sich von der Umwelt zu unterscheiden. Auf jeden Fall kann man sagen, dass diese Erkenntnisse weitreichende Folgen für unser Verhältnis zu Tieren hat.
„Hab` ich schon immer gewusst“, sagen die einen, „deswegen esse ich schon lange nichts, was Vater und Mutter hat.“ „Man kann auch alles übertreiben“, sagen die anderen. „Biologisch gesehen ist der Mensch halt ein Allesfresser!“
Die christlich-jüdische Perspektive bietet einen wichtigen Rahmen für die Diskussion: Sie erinnert uns nämlich daran, dass alle Lebewesen Teil der Schöpfung Gottes sind und dass wir mit ihnen respektvoll und fürsorglich umgehen sollen. Diese Sicht hat sogar Eingang ins deutsche Tierschutzgesetz gefunden. Tierquälerei wird bestraft – das geht bis hin zu Gefängnis. Zu Recht. Und angesichts dieser neuen Erkenntnisse müsste es auch zu einer ethischen Neubewertung unseres Fleischkonsums kommen. Wir Menschen sind Beschützer und Verwalter der Schöpfung Gottes. Nicht mehr aber auch nicht weniger.
Dieser Beitrag wurde am 28.6.2024 bei Kirche im WDR gesendet