Leon im Homeoffice

Leon im Homeoffice

Sich in den eigenen vier Wänden aufzuhalten, haben wir in den vergangenen Monaten gelernt. Für viele ist die eigene Wohnung auch ein Ort der Arbeit. Ein provisorisches Home Office. Oft reicht der Küchentisch mehr schlecht als recht. Und wer an Videokonferenzen teilnimmt, tut gut daran kurz zu überlegen, welchen Blickwinkel die Kamera aufs Zimmer hat. Grund genug einmal zu überlegen, wie eigentlich ein Zimmer aussieht, in dem man so richtig zu Hause ist und sich wohl fühlt. Mit Jugendlichenmache ich dazu folgende Übung: Jeder bekommt einen ausrangierten Schuhkarton. Der Deckel wird abgenommen und ermöglicht so einen Blick von oben in das nun zu gestaltende Zimmer:  Mit Pappe, Kleber, Wolle, Filz werden wir alle zu Innenarchitekten.

In Phase zwei wird’s schwieriger: Der Lieblingsplatz im Raum muss markiert werden. Nicht einfach durch ein x auf dem Boden, sondern es soll deutlich werden, was angesagt ist: sitzen, liegen oder stehen. Bei Phase drei reicht dann ein einfaches Kreuz, allerdings wird’s inhaltlich kniffliger: „Welchen Platz nimmt Gott ein, wenn er in dein Zimmer kommt?“ Das Einzeichnen des Kreuzes dauert manchmal genau so lange, wie das Einrichten des ganzen Raumes.  Oft geht es aber auch recht fix – erstaunlicher Weise.

Zum Schluss überlegt sich  jeder drei Fragen, die er oder sie Gott gerne stellen würde. Und welche drei Fragen Gott wohl stellt, wenn er im Zimmer Platz genommen hat.

Leon hat seinen Pappkarton sehr übersichtlich eingerichtet: Bett, Spielkonsole, Fernseher, WLAN. Allerdings hat er den Karton seitlich aufgeschnitten –also quasi eine ganze Wand aus dem Zimmer gebrochen. „Ich mag es nicht, wenn Gott senkrecht von oben kommt“ –sagt er. „Besser er kommt von der Seite, so dass ich ihn schon von weitem sehen kann. Am besten er setzt sich direkt neben mich und wir zocken zusammen. Ich hab´ keine Fragen an ihn. Mir reicht es, wenn er einfach da ist. Und als guter Freund quatscht er mich auch nicht an und löchert mich bis ich total lost bin. Gott hat keine Fragen, er hat Antworten!“

Auch wenn aus Leon vermutlich kein Innenarchitekt wird, vielleicht studiert er ja Theologie? Dass der Fragenkatalog etwas dicker ist als er denkt , muss er heute noch nicht wissen. Er ist ja erst dreizehn und damit gewiss noch im provisorischen Home Office.

Diese Beitrag wurde am 16.11.2020 bei Kirche im WDR gesendet.

Bildnachweis: https://unsplash.com/photos/nrus4d7FVg0

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