Occupy und die Kirchen

No in kettenform gelegt
Foto: sxc.hu

Die Occupy Bewegung ist in aller Munde. Weltweit organisierte Veranstaltungen mit Happening Charakter werden gerne ins Visier der medialen Aufmerksamkeit genommen und die sozialen Netzwerke sorgen für zusätzliche Multiplikation oder sind oft sogar der Grund der Aufmerksamkeit. Zelte, Tweets und ein Live-Stream sind heute so kreativ wie große Transparente in der Vergangenheit. Die müssen heute nur noch DIN A4 Größe haben um auf dem Handy Upload gut lesbar zu sein. Gewiß: Demo 2.0 ist heute effektiver als vor 40 Jahren und ein wenig bequemer.

Leider macht sich diese Bequemlichkeit auch in Stellungnahmen von kirchlich engagierten Menschen breit.
„Hauptsache dabei sein“ ist oft genug der Motor für die hektische Betriebsamkeit nur ja keinen Trend zu verpassen. Denn morgen schon ist ein anderes Thema ganz oben auf der Tagesordnung. Nachhaltig ist das nicht. Und ob das zu vermehrter Nachdenklichkeit führt ist zumindest zu fragen.

Vorgestern Ägypten: „Ja, auch wir als Kirche sind für Freiheit und Freiheitsrechte“
Gestern Japan: „Kernenergie ist mit dem Evangelium nicht vereinbar“
Heute Occupy: „Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon“

Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich bestreite nicht den Zusammenhang der genannten Themen mit kirchlichem Auftrag. Im Gegenteil! Er ist zutiefst berechtigt und in den gerade genannten Beispielen vom Evangelium sogar geboten. Was mich jedoch stört ist die Tendenz zum „Themenhopping“. Reflexartig scheint sich (zumindest im protestantischen Bereich) eine Wut zur Stellungnahme zu entwickeln, die einst nur bei kirchenleitenden Gremien zu beobachten war, im Web 2.0 aber auch vor Einzelpersonen nicht halt macht.

Am Beispiel der Bewertung der Occupy Bewegung ist zu beobachten, wie kirchliches Engagement in den letzten 35 Jahren vollkommen außer acht gelassen werden kann.
Denn der Protest ist doch nicht wirklich neu. Er gewinnt angesichts der Finanzkrise(n) und drohenden Staatspleiten nur neue, berechtigte Aktualität.

Bereits 1968 wollten sich Christinnen und Christen angesichts von Apartheit in Südafrika und dem Vietnamkrieg dafür einsetzen, dass die Investitionen der Kirchen für den Frieden für eine positiven Entwicklung in den Ländern des Südens genutzt werden sollten. „Es wurde vorgeschlagen, ein ethisches Investitionsinstrument für Kirchen und kirchliche Organisationen zu schaffen, das Kredite für Unternehmen bereitstellt, die arme Menschen unterstützen.“ Das Motto lautete „Kredite Wohltätigkeit“ und es bedarf nicht viel Phantasie sich vorzustellen wie umstritten dieses Konzept damals war. Dennoch wurde die ökumenische Entwicklungsgenossenschaft (Ecumenical Development Cooperative Society, EDCS) auf den Weg gebracht. Der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) wird Gründungsmitglied und empfiehlt Kirchen und kirchlichen Organisationen die Mitgliedschaft.

Inzwischen heißt EDCS „Oikocredit“ und trägt den Zusatz „in Menschen investieren“ im Logo.
Auch Privatleute können Mitglied werden und neuerdings kann man sogar bei der GLS Bank ein Sparkonto eröffnen auf dem Oikocredit Anteile gehalten werden können.

Die Geschichte von Oikocredit zeigt, dass die Kirchen eine Vorreiter Rolle im Bereich des Nachdenkens über ethisches Investment haben und sie zeigt auf einzigartige Weise eine Alternative zu herkömmlichen Formen des Wirtschaftens. Inzwischen sind über eine Milliarde EURO an Krediten durch Oikocredit ausbezahlt worden.

Wer Sympathien für die Demonstrierenden empfindet und es gleichzeitig nicht bei öffentlichen Bekundungen belassen will, sollte seine Bankverbindungen überprüfen.
Und er/sie sollte an die Rolle der Kirchen erinnern, deren großes Thema „Gerechtigkeit“ nicht bei Lippenbekenntnissen endet.

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