„Danke, Ulli, dass du mir einst gezeigt hast, wie wichtig es ist in der Bibel zu lesen. Sie ist mir zu einer ständigen Begleiterin geworden. Ich habe sie am Stück durchgelesen, Seite für Seite und mich an einigen Stellen tief eingegraben.
Danke, Ulli, dass du mir gezeigt hast, wie wichtig es ist, den Herrn Jesus lieb zu haben. Das bewahrt mich vor Hochmut und Eitelkeit und lehrt mich meine Mitmenschen mit den Augen zu sehen, mit denen er sie angesehen hat. Auch wenn es mir schwerfällt und auch, wenn es oft misslingt, übe ich diesen Blick täglich ein.
Danke, Ulli für deinen Zorn auf „die Kirche“. Sonntag für Sonntag saß ich unter deiner Kanzel und wartete begierig auf die Seitenhiebe gegen die Volks- und Amtskirche, die so lau, mittelmäßig und uneindeutig war. Auf den von dir initiierten „geistlichen Doppelbeschluss“ war ich stolz, schließlich konnten wir uns als „linksevangelikal“ titulieren lassen. Das machte die Diskussion mit meinen Mittschüler_innen, die an den Ostermärschen teil nahmen, erträglicher und der Button der Friedenstaube hatte neben dem „Jesus lebt“ Sticker auf meinem Rucksack platz.
Aus dieser Dankbarkeit heraus, habe ich mich nie am Evangelikalen-Bashing beteiligt, denn die Theologie, die du mich gelehrt hast war immerhin anschlussfähig an das, was Professoren mir im Studium beigebracht haben. Ein Studium, das auch du absolviert hast, aus dem du allerdings andere Folgerungen gezogen hast.
Das ist nicht weiter schlimm, schließlich gilt: Zwei Theolog_innen, drei Meinungen. Ein Prinzip, das in der evangelischen Kirche im Rheinland (deiner und meiner Kirche!) noch durch die nicht-theologischen Mitglieder der Kirchenleitung verschärft wird und für reichlich Diskussionen sorgt. Nun hat sich unsere Kirche entschieden das Lebensordnungsgesetz zu verändern. Eine evangelische Trauung soll mehr Menschen zugänglich gemacht werden, als bisher. Nicht nur für „Mann und Frau“, sondern auch für „Frau und Frau“ und „Mann und Mann“.
Ich kann verstehen, dass dich das ärgert. Schließlich gehörte es wie selbstverständlich zum Gemeindeleben in der Personalgemeinde „Weigle-Haus“, dass die Rollen klar verteilt waren. Wer das heute ebenso praktizieren will, dem sei das unbenommen. Eine theologische Implikation zu dieser Sozialstruktur kann ich aber nicht erkennen. Ich meine sogar eher, dass das Evangelium eine kritische Sicht auf diese Rollenfestlegung fordert.
Dafür ist selbstverständlich meine Art die Bibel zu lesen verantwortlich. Denn wenn mir biblische Aussagen unverständlich oder gar widersprüchlich erscheinen, mache ich von den Methoden Gebrauch, mit denen man auch andere Texte untersucht. Ich kann daran nichts verwerfliches finden, im Gegenteil. Dieser Gebrauch ist der einzige Schutz gegen Missbrauch biblischer Texte. Wenn du nun die Abschaffung der „historisch-kritischen“ Bibelauslegung forderst, stellst du dich bewusst gegen hart erkämpfte, reformatorische Errungenschaften.
Ich habe für dein Verhalten nur eine Erklärung: In deiner Zeit als Jugendpfarrer hattest du es dir zur Aufgabe gemacht jährlich deine Eignung dazu dermaßen unter Beweis zu stellen, dass du auf der Bühne -vor großem Publikum- einen Salto im Stand vollführt hast. Das ist dir immer gelungen. Mit deinem jetzigen Vorstoß hast du nur eine halbe Drehung geschafft. Das ist bedauerlich. Trotzdem findest du Menschen, die dir applaudieren, wie wir damals.
Meinen Applaus hast du nicht. Lebe wohl, Ulrich Parzany!
Dein Knut
Foto: „ProChrist Impulse Presse07 Parzany“ von ProChrist/martinweinbrenner.de – http://www.prochrist.org/presse/bilderservice. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 de über Wikimedia Commons https://commons.wikimedia.org/wiki/F
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