Der posende Mittelfinger ist salonfähig geworden. Wer Wahlen gewinnen will muss vor derartigen Gesten nicht zurückschrecken. Vermutlich hätte es aber auch ohne ihn nicht zum Wahlsieg gereicht.
Der erhobene Zeigfinger dagegen ist nach wie vor unerwünscht. Schnell wird er dem Pastor oder Priester zum Verhängnis, sobald er in Gebrauch ist. Der Predigttext für den kommenden Sonntag klingt ein wenig nach Zeigefinger: „Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der HERR von dir fordert…“
„Danke, Gott, ich komme ohne dich (und vor allem ohne dein Bodenpersonal) sehr gut zurecht!“ –das antwortet wohl der heutige Mensch, wenn die Gottesrede auf ihn treffen würde.
Mit dieser Antwort beweist er aber genau das Gegenteil. Denn ohne auf das Wort des Schöpfers zu hören, ist der Mensch sehr schnell erschöpft. Statt Empörungswellen zu befeuern und Petitionen zu zeichnen, wäre Demut eine neu zu lernende Aufgabe. Und Liebe üben gegenüber dem Nächsten statt Rechthaberei sowieso.
Gott erhebt übrigens nie den Zeigefinger. Er erinnert aber daran, in welche Richtung sein Weg weist (V4): Aus der Knechtschaft in die Freiheit.