Wenn ihr am kommenden Sonntag in den Gottesdienst geht, erwartet euch entweder eine Predigt über den Erzengel Michael, oder eine über den sog. „Gottesknecht“. Beides steht den Predigenden im liturgischen Kalender zur Auswahl. Vermutlich werdet ihr aber weder zum einen noch zum anderen etwas zu hören bekommen, weil viele Gemeinden das Erntedankfest vorgezogen und mit ihrem Gemeindefest verbunden haben.
Ein Engel, der gegen den Satan kämpft und oft mit Schwert und Schild in Abbildungen zu sehen ist, eignet sich doch sehr gut für einen Gottesdienst, in dem sich kleine und große Menschen angesprochen fühlen. Aber wer sich in Batman-Geschichten nicht ebenso auskennt wie in Heiligenlegenden, begibt sich womöglich auf religionspädagogisches Glatteis.
Der Predigttext aus der Apostelgeschichte 5,12-29 erinnert an das Thema vom vergangenem Sonntag. Es wird wiederum eine Geschichte der Befreiung aus Gefangenschaft erzählt: Gott stellt sich in seiner Geschichte mit den Menschen als der vor, der aus Gefangenschaft herausführt. Die Exoduserfahrung (Befreiung Israels aus der Sklaverei) und die Ostererfahrung, dass Gott den Gekreuzigten auferweckt, sind die Grundpfeiler der Verkündigung des Evangeliums.
Gott führt die Menschen aus der Knechtschaft in die Freiheit. Er führt sie durch den Tod hindurch zum Leben.
So lange diese Geschichte laut und öffentlich wird, kann sie auch durch Heiligenlegenden hindurch reden. Durch alte und durch moderne.
Am Gemeindefest vielleicht sogar durch den Mich(a)el aus Lönneberga, der seinen Holzschuppen frei und ohne Schnitzmesser in der Hand verlässt.