Heute im Deutschlandfunk in der Sendung „Kontrovers“ ging es um die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche. So richtig kontrovers waren die eingeladenen Gesprächsteilnehmer allerdings nicht.
Herr Martin Lohmann ist ja bekanntlich bekennender Katholik, mit einer manchmal abenteuerlichen politischen Argumentationslinie. Herr Stefan Vesper sah zwar ein, dass ein Glaubwürdigkeitsproblem bestehe, man wurde aber den Eindruck nicht los, dass die Medien doch alles zu undiffernziert „hochgekocht“ hätten. Immerhin der DLF Redakteur Hartmut Kriege gab zu bedenken, dass sie die katholische Kirche in ihrem Krisenmanagment doch sehr von der Gesellschaft entfernt habe.
Richtig haarsträubend (aus evangelischer Sicht) wurde es dann, als es „theologisch“ zuging: Die Kirche sei von „oben“ als göttliche Stiftung eingesetzt, durch den Stifter Christus. „Das sei nun einmal so!“ Punkt.
Das nun als „theologisch“ zu bezeichnen ist schon sehr weit hergeholt. Das ist noch nicht einmal dogmatisch, sondern einfach apodiktisch.
Zumal der 450. Todestag von Philipp Melanchton vor gerade einer Woche dazu Anlass geben könnte, diese Ekklesiologie (die im übrigen von nicht wenigen katholischen Neutestamentlern grundlegend anders beantwortet wird) aufs neue zu hinterfragen.
In der Confessio Augustana, die im wesentlichen aus Melanchtons Feder stammt, geht schon etwas differenzierter zu. Da ist zunächst von einer dreifachen Gestalt der Kirche zu unterscheiden: die ecclesia spiritualis (Gemeinschaft aller wahrhaft Glaubenden), die ecclesia universalis (als die Gemeinschaft aller Getauften) und dann die ecclesia particularis (die Kirchenorganisation). Erstere ist nach evangelischem Verständnis von grundlegender Bedeutung für das Kirche sein, dass sich in der Gemeinschaft aller Getauften realisiert und dann in verschiedener Art und Weise organisatorische Gestalt gewinnen kann.
Kennzeichen der Kirche (nota ecclesiae) ist das reine Verkündigen des Evangeliums und die rechte Verwaltung der Sakramente (CA VII).
Die äußere Organisation kann sich gerade nicht auf ein göttliches Recht, oder göttliche Stiftung berufen.
So ist der evangelische Kirchenbegriff vollkommen von der römisch-katholischen Auffassung zu unterscheiden, das gerade in der Einheit der Weltkirche und der Anerkennung des Hirtenamtes in der Nachfolge des Petrus eine konstituierende Grundlage sieht.
Aber selbst das könnte man differenzierter darstellen, als in einem, „das ist eben so“.
Oder man muss mit dem Einwand zurecht kommen: Das ist (nach evangelischem Verständnis) eben nicht so!
Und wer mit der katholischen Setzung von Kirche nicht zurecht kommt, muss noch lange nicht „die Kirche“ über Bord werfen.
Alle diese Menschen sind eingeladen einer anderen kirchlichen Organisationsform zu folgen, ohne ihre Identität als getaufte Christen zu verlieren.
Werden sie evangelisch, aus gutem Grund!
Pingback: knuuut