Kanzelabkündigung zum Käßmann Rücktritt

In der Hannoverschen Landeskirche wird am heutigen Sonntag (Reminiscere, „Gedenket“) folgende Kanzelabkündigung verlesen. Das klingt fast wie nach „Nachruf“ und zeigt, welche Hoffnungen auf ihrem Ratsvorsitz lagen. Je unübersichtlicher und bedrohlicher die Zeiten, desto höher die Erwartungen an die Amtsträger. Beachten wir nur, was aus den „messianischen“ Erwartungen an den amerikanischen Präsidenten Obama geworden ist…

Die Abkündigung im Wortlaut:

„Am vergangenen Mittwoch ist Dr. Margot Käßmann von ihrem Amt als Landesbischöfin und als Vorsitzende des Rates der EKD zurückgetreten. In ihrer Erklärung räumte sie ein, dass sie einen schweren Fehler gemacht hat, den sie zutiefst bereut. Sie sagte: „Einer meiner Ratgeber hat mir ein Wort von Jesus Sirach mit auf den Weg gegeben: ‚Bleibe bei dem, was dir dein Herz rät’. Und mein Herz sagt mir ganz klar: Ich kann nicht mit der notwendigen Autorität im Amt bleiben.“

Sehr viele Menschen sind betroffen, traurig und fassungslos über den Rücktritt, der für uns als Landeskirche den Abschied von Margot Käßmann als unserer Landesbischöfin bedeutet. Als Pastorin bleibt sie unserer Landeskirche weiter verbunden.

Margot Käßmann lässt Sie herzlich grüßen und schreibt: „Ich war mehr als zehn Jahre mit Leib und Seele Bischöfin und habe all meine Kraft in diese Aufgabe gegeben. Es tut mir Leid, dass ich mit diesem Schritt sicherlich viele Menschen enttäusche. Ich danke allen Menschen in den Gemeinden unserer Landeskirche, die mich so wunderbar getragen und gestützt und für mich gebetet haben. Aus allen Krisen, die ich erlebt habe, weiß ich: Du kannst nie tiefer fallen als in Gottes Hand’.“

Unsere Landeskirche hat Margot Käßmann sehr viel zu verdanken. Wir haben sie als begeisternde Predigerin auf vielen Kanzeln in den Gemeinden der Landeskirche erlebt. Sie hat Hoffnung und Zuversicht vermittelt, authentisch von ihrem Glauben an die befreiende Liebe Jesu erzählt und Mut zu neuen Aufbrüchen gemacht. Sie hat als engagierte und couragierte Christin sich öffentlich eingemischt und entscheidende Anstöße für ethische und politische Debatten gegeben. Wir haben mit Margot Käßmann heitere Feste des Glaubens und einen wunderbaren Kirchentag in Hannover gefeiert.

Als eine der ersten Frauen im Bischofsamt und als erste Ratsvorsitzende in der Evangelischen Kirche hat sie vielen Frauen Mut gemacht, sich in einer Kirche, die über Jahrhunderte von Männern geprägt war, mutig und couragiert einzubringen.

Mit alledem hat sie viele Menschen innerhalb und außerhalb der Kirche mit der Botschaft des Evangeliums angesprochen und neues Vertrauen in unsere Evangelische Kirche geweckt.

Mit ihrer Entscheidung, vom Amt der Landesbischöfin zurückzutreten, ist Margot Käßmann ihren eigenen Ansprüchen an das Bischofsamt treu geblieben. Die Einsicht, dass die Amtsautorität als Landesbischöfin Schaden genommen hat und ihr damit die Freiheit genommen war, ethische und politische Herausforderungen zu benennen und zu beurteilen, führte für sie folgerichtig zum Rücktritt. Damit hat sie auch im Umgang mit eigenen Fehlern die Gradlinigkeit bewiesen, die für ihre persönliche Integrität unbedingt wichtig ist. Diese Entscheidung, so schmerzlich sie für uns alle sein mag, verdient unseren höchsten Respekt und Anerkennung.

Als Landeskirche danken wir Margot Käßmann für eine gute und schöne Zeit. Sie bleibt Pastorin und wir gehen davon aus, dass wir ihr in Zukunft an einem anderen Ort in einer anderen Aufgabe wieder begegnen werden. Sie wird weiterhin einen wichtigen Beitrag leisten für die Verkündigung des Evangeliums und die Diskussion gesellschaftlicher Fragen.

Der Kirchensenat hat bis zur Einführung eines neuen Landesbischofs oder einer neuen Landesbischöfin den Lüneburger Landessuperintendenten Hans-Hermann Jantzen zum Bischofsvikar ernannt.

Wir bitten Sie um Fürbitte für Margot Käßmann, unserer bisherigen Landesbischöfin, und für alle, die in der Kirche Verantwortung tragen für die Verkündigung des Evangeliums und die Leitung der Kirche, besonders auch für Landessuperintendent Hans-Hermann Jantzen – und grüßen Sie mit den Worten des Liedes von Arno Pötzsch:

„Du kannst nicht tiefer fallen als nur in Gottes Hand,
die er zum Heil uns allen barmherzig ausgespannt.
Es münden alle Pfade durch Schicksal, Schuld und Tod
doch ein in Gottes Gnade trotz aller unsrer Not.
Wir sind von Gott umgeben, auch hier in Raum und Zeit,
und werden in ihm leben und sein in Ewigkeit.“

Arend de Vries
Geistlicher Vizepräsident
im Landeskirchenamt

Das klingt fast wie nach „Nachruf“ und zeigt, welche Hoffnungen auf ihrem Ratsvorsitz lagen. Je unübersichtlicher und bedrohlicher die Zeiten, desto höher die Erwartungen an die Amtsträger. Beachten wir nur, was aus den „messianischen“ Erwartungen an den amerikanischen Präsidenten Obama geworden ist…

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