Lächel doch mal!
Freust du dich denn gar nicht?
Nun sei doch nicht so!
Dir kann man aber auch gar nichts recht machen!
Vier Sätze, die wir nicht gern hören. Am Heiligen Abend in einer unbedachten Äußerung verwendet, können sie zu einem wahren Fiasko familiärer Befindlichkeit führen! Ich gebe zu ich hab´s nicht so mit dem Freuen. Der Zwang “gut drauf” zu sein, regt mich meistens mehr auf als an. Und dauergrinsende Fernsehgestalten, die mundgerecht die Welt erklären, lassen mich das Radio einschalten. Dabei schätze ich Freundlichkeit (zumal im Alltag) sehr und finde auch, dass man vor allem sich selbst gegenüber oft freundlicher sein könnte.Dann klappt´s vielleicht auch mit dem Nachbarn.
Aber wehe einer steht auf und sagt:
“Die Hände zum Himmel. kommt lasst und fröhlich sein!”
Das finde ich aufgesetzt, da mach ich nicht mit (Außer vielleicht, es ist gerade Karneval, da gelten ja hier im Rheinland die eigenen Gesetzte)! Ist der Apostel Paulus eine Grinsekatze, die zu aufgesetzter Freude ermuntern will? Man könnte meinen Ja! Zumindest, wenn man das hier hört:
4 Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch! 5 Eure Güte lasst kund sein allen Menschen! Der Herr ist nahe! 6 Sorgt euch um nichts, sondern in allen Dingen lasst eure Bitten in Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kundwerden! 7 Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.
Es gibt dazu die nette Anekdote, dass der Theologie Student in der Bibelkundeprüfung zum Philipperbrief gefragt wird, was er dazu wisse. Und er antwortete “Freut euch, liebe Brüder freuet euch!”Es entstand eine längere Pause in die hinein der Prüfer dann fragte: “Und weiter, was sonst noch”?Daraufhin antwortete der Student:“Und abermals sage ich euch, freuet euch!”
Die Freude des Prüfers dürfte sich in Grenzen gehalten haben, die des Prüflings ist leider nicht mit überliefert. Vielleicht war er eine richtige Frohnatur und kam schließlich doch noch mit seinem Wissen über den Philipperbrief heraus. Dann wäre vielleicht darin deutlich geworden, dass Paulus keineswegs ein Gute-Laune Missionar gewesen ist.
Denn liest man den Philipperbrief wird schnell deutlich, dass der Apostel eigentlich überhaupt keinen Grund hatte sich über die Maßen zu freuen. Im Gegenteil! Er hatte eigentlich allen Anlass zur Klage über seine Situation, denn er befindet sich in einer äußerst bedrohlichen Lage, als der den Brief an die Gemeinde zu Philippi schreibt. Er ist gefangen und muss mit dem Todesurteil rechnen. Aus dem Anfang des Briefes geht hervor, dass Paulus offenbar nicht wegen seiner Evangeliumspredigt inhaftiert worden ist, sondern ihm irgendein strafrechtlich relevanter Sachverhalt vorgeworfen wurde. Und es scheint sich nahezulegen, dass sein Prozeß unter den Christen am Ort seiner Gefangenschaft nicht unumstritten war.
Schlechte Voraussetzungen um in überschwengliche Freude zur geraten, oder?
Was mag diesen Mann in einer Haftanstalt getrieben haben, solche Sätze aufzuschreiben?
Paulus bezieht sich hier auf das „Kommen Gottes“ als Grund seiner Freude.
Und das ist wohl auch der Anlass diesen Text am 4. Adventssonntag als Predigttext auszusuchen, geht es doch jetzt mit großen Schritten auf das Fest des Kommens Gottes zur Welt zu.
Doch wenn Paulus hier an dieser Stelle, aus dem Gefängnis heraus, vom Kommen Gottes redet, meint er nicht die vielzitierte besinnliche Adventszeit, die als Vorfreude auf den Heiligen Abend im Kreise der Familie zielt.
Nein, der Apostel zielt nicht auf Besinnung, zielt auch nicht darauf, dass es sinnvoll sei, das Leben mit Gott.
Und er zielt erst recht nicht darauf, dass ein christliches Leben frei von Angst, Sorge und abgründigster Not sei.
Wenn Paulus sich hier freut, dann freut er sich auf das Kommen Jesu am Ende aller Zeit. Der Apostel hat sein persönliches Ende im Blick. Paulus hat also sein Ende im Blick, aber nicht, damit endlich alles vorbei sei, sondern weil er dann in Gemeinschaft mit Christus leben kann und damit auch Einblick hätte in die Geheimnisse Gottes, die uns heute –oft schmerzlich genug- vor Augen stehen.
Das Kommen Gottes als endzeitliche Kommen ist der Grund zur Freude!
Und dann, kann die Freude wahrlich nicht groß genug sein.
Weil sich dann die Hoffnung erfüllt und bewahrheitet, dass Gott es gut mit uns meint.Dass es um Ende der Zeit wirklich gut ausgeht und nicht am Ende Chaos herrscht und sich die Welt und alles je gewesene in Luft auflöst und nur noch vorschöpferischen Rauschen herrscht.Der Blick auf das Kommen Gottes am Ende aller Zeit, ist für den Glaubenden das Zentrum seiner christlichen Existenz.
Denn hier entscheidet sich, das Glaube mehr ist als Versüßung oder Verzierung unseres Lebens.
Hier wird die tiefe Glaubensgewißheit deutlich, ohne die alles kirchliche Tun und Lassen bedeutungslos wäre.
Wären Christen nicht von Anfang an im tiefsten ihres Herzens davon überzeugt gewesen, dass Jesus Christus die Wahrheit über Gott und sein Handeln an uns zeigt, wäre es nie zu einer Bildung einer Kirche gekommen.
Am Anfang also steht der unerschütterliche Glaube an Christus als den, der mein Leben in seinen Händen hält.
Und der es zum Guten führt –unabhängig davon ob es lang ist und in meinen Augen gelungen, oder ob es abgebrochen und verfehlt erscheint.
Nicht meine Deutung entscheidet über mein Leben, sondern entscheident ist, wie Gott mich ansieht.
Und in Jesus sieht Gott mich als jemanden an, der perfekt ist.
Vor Gott bin ich perfekt –das ist der Kern des Evangeliums, dessen strahlende Leuchtkraft leider allzu oft verdunkelt wird.
In Klammern gesagt: Auch durch das, was Kirche gennant wird! Doch das wäre ein anderes, ein vielschichtiges und vorallem ein sehr schmerzhaftes Thema.
Dass ich vor Gott so sein darf wie ich bin, weil er mich besser kennt, als ich mich kenne und mich trotzdem als perfekt ansieht, dass stärkt meinen Glauben und lässt mich gewiss sein, dass es zu einem Ende ohne Schrecken kommen wird.
Darüber kann man und frau sich freuen.
Bis über beide Ohren sogar, ohne damit zu einer Grinsekatze oder Grinsekater zu werden. Dass es sich dabei um eine Freude handelt, die von Herzen kommt, wie wir sagen –der Psalmist würde sagen, die einem an die Nieren geht– sieht man daran, dass sie mehr als unseren Verstand, unser Denken umgreift.
Unser Kopf, macht uns ja oft genug einen Strich durch die Rechnung.
-Wenn wir durch immer neues und immer mehr Wissen nur noch feststellen, das wir nicht mehr nachkommen, mit dem Deuten und Bewerten der Welt, die uns umgibt.
-Wenn wir feststellen, dass vieles was wir Fühlen unserem Denken widerspricht.
-Wenn wir merken, dass nicht glasklar zwischen rationalen Überlegungen und emotionaler Befindlichkeit zu trennen ist.
Dann merken wir: Wir befinden uns in einer Dilemma Situation, wo einfache Antworten keine Lösung sind, ja wo es vielleicht sogar sein kann, dass überhaupt keine Lösung gangbar zu sein scheint.
Oft ist dann nicht nur unser Verstand überfordert, sondern auch unsere Nerven.
und nichts bewegt sich mehr.
Nicht umsonst schließt jeder Gottesdienst mit dem sogenannten Kanzelsegen aus unserem Predigttext:
„Der Friede Gottes, welcher höher ist, als unsere Vernunft, der bewahre eure Herzen und eure Sinne in Christus Jesus.“
Hier soll nicht die Vernunft klein geredet werden.
Christen sind keine dummen Leute, die das Denken verteufeln und den Verstand denen überlassen, die meinen, sie würden sich damit auskennen.
Nein, man darf, ja man soll schon seit den Tagen des Paulus und erst recht seit Martin Luther, seinen Verstand als Christenmensch gebrauchen.
Man meine nur nicht, dieser könne den Glauben generieren. Der Glaube ist weit mehr als unser Denken. Er umgreift das Denken und Fühlen und macht uns zu Personen, die aus der Liebe Gottes leben. Der Glaube lässt uns so zu den Menschen werden, die sich von Gott geliebt und damit beschenkt wissen.
Er ist die Gewissheit der Anwesenheit Gottes bei uns.
Er ist etwas, ohne das Christen sich nicht vorstellen können zu leben.
Er ist mehr als „Gefühl“ in unserem heutigen Sprachgebrauch.
Glaube ist vollkommen Angewiesensein auf Gott, der mir so gewiss ist, wie sonst nichts auf dieser Welt. Das ist nicht jeden Tag spürbar, sonst müssten Christen auch den ganzen Tag lächeln. Aber es ist vielmehr: Es ist nicht wegzudenken und wegzufühlen aus meinem Herz und meinem Verstand. Es ist das gehalten sein in allem, was mir begegnet. Es ist die Quelle aus der das Leben trinkt und ohne die es zu versiegen droht. Und so ist es im ursprünglichsten Sinn die Wahrheit, über mich und über die Welt. Es ist die Wahrheit, die so gewiss ist, dass Sie und ich uns nicht genug darüber freuen können.