Ein kleines Gemeindehaus in einem Vorort in Frankfurt. Menschen die sich seit einigen Jahren aus dem Internet kennen treffen sich. Das Thema nennt sich „Kirche und Web“. Praktische Erfahrungen zur Webseitengestaltung und Präsenz in den neuen sozialen Medien werden vorgestellt und diskutiert. Die Form ist neu: Die Teilnehmenden sind Barcamper. Wir schreiben das Jahr 2012. Wäre der Bericht „Kirche im digitalen Wandel“ den die EKD auf ihrer diesjährigen Synode vorgestellt hat, damals bejubelt worden? Vermutlich. Immerhin wäre es ein Anfang gewesen, ein Signal, dass die Fragen, die die Teilnehmenden umtreiben, dringlich sind. Auch wenn damals schon der ein oder die andere bei sich gedacht haben könnte: So richtig verstanden hat man in Hannover nicht wohin die Reise geht, oder man will es nicht, schließlich ist eine „bottom up“ Bewegung immer bedrohlich für Institutionen. Sechs Jahre später hat die EKD erkannt, dass die digitale Büchse der Pandora geöffnet ist und versucht verzweifelt sie zu verschließen oder mitzuspielen, je nachdem auf welcher der 62 Seiten man sich gerade befindet. Sie versucht das mit Mitteln der alten Welt. Das heißt „top down“ (trotz Schulterblick) bzw. auf evangelisch: synodal, präsidial, konsistorial. Die Älteren erinnern sich noch wie ,nach den Enthüllungen von Edward Snowden im Jahr 2013, die schöne neue Welt Kratzer bekam und sie sich fragten welche Daten produziere ich erst gar nicht. Es wäre wünschenswert gewesen, Edward Snowden wäre per Videobotschaft der EKD Synode zugeschaltet gewesen. Vielleicht hätte er gesagt: „Wer jetzt erst staunend neue Räume betritt wird morgen nicht gestalten können. Schaut lieber mit wem ihr Allianzen eingeht. Unternehmen die heute Alphabet heißen, nennen sich morgen vielleicht schon Alpha und Omega. Schließlich, one more thing: Auf Stabstellenkommunikation reagiert das Internet und der User allergisch. Abraham war on the road ganz ohne map. Was für ein Vertrauen habt ihr eigentlich?“
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Dieser Beitrag erschien ursprünglich im https://eulemagazin.de/
Hier noch einige kleine Zitate aus der (schwer zu findenden) Vorlage zur EKD-Synode:
Wenn die EKD in ihren Innovations- und Kreativlaboren -nach dem Besuch in einem Google Lab versteht sich- Mittel aus einem neu errichteten Innovationsfonds, nach Prüfung durch xyz vergeben sollte, müssen diese „klar quantifizierte Ziele haben, an relevanten Zielgruppen getestet worden sein und in Zieldimensionen evaluiert werden.“ Da mitunter allerdings das Basiswissen fehlt, sollte ein interaktives „Handbuch Digital“ entwickelt werden. Vorteil:man kann es auf ein Faxgerät legen. „Ausgewählte Pilotgemeinden verpflichten sich auf Standarts guter Digital-Praxis“ und die kirchlichen Medienhäuser (also die Leuchttürme der Öffentlichkeitsarbeit) sind „von Beginn an in die Implementierungsstrategie integriert“. Das ganze kostet 1,5-2,2 Mio EUR wobei die Synode „unbedingt berücksichtigen sollte, dass diese ersten Schritte eben nur erste Schritte sind und weitere folgen müssen“. Die Perspektive aber ist klar: „Will evangelische Kirche Kirche im digitalen Zeitalter sein, muss sie sich mit verstärkten Kräften und Mitteln in digitale Räume (sic!) bewegen.“ Das ganze unter der Überschrift „Perspektive“ von einem promovierten Oberkirchenrat, da kann man nur sagen: e-wie Erbarmen! Oder noch treffender mit Altbischof Huber: Das Leiden an der eigenen Kirche gehört zum protestantischen Prinzip.