Es sei ihr wichtig, ihrem Mann noch einmal zu sagen, dass er die Liebe ihres Lebens ist. Außerdem wolle sie in die Kirche aufgenommen werden.“ In welcher Reihenfolge machen wir das denn“, fragt sie und lacht. „Sowas kommt bestimmt nicht oft vor, oder? Naja, passt irgendwie zu mir: Erst Taufe von wegen Aufnahme in die Kirche und dann Trauung beides innerhalb einer Stunde. Spontan kann ich ganz gut“; Dabei wirft sie einen verliebten Blick zu ihrem Mann.
Die Zahl der Hochzeitsgäste war überschaubar, alle hatten Platz an der großen Tafel. Die Speisekarte versprach ein üppiges Menü. Nur wenige wussten, dass diese Hochzeit das letzte große Familienfest mit ihr sein würde. Am Nachmittag hatte das Brautpaar noch in der Kirche gesessen, dabei waren die beiden schon seit 40 Jahren ein Paar. Doch kirchlich heiraten wollten sie damals nicht. „Ich hatte damals einfach kein Bedürfnis danach“, sagt sie. „Ich war nicht in der Kirche und hätte das auch komisch gefunden, auf einmal zu sagen, das gehört noch dazu.“ –
Zwei Monate später sitzt sie mir im Krankenbett gegenüber. „Ich bin auch ganz überrascht“, sagt sie, „dass ich noch da bin, da haben sich die Ärzte wohl etwas verschätzt. Angst vor dem Tod habe ich nicht; ich find`s nur blöd zu wissen, dass die Wand dieses Zimmers hier das Letzte ist, was ich sehen werde. Das mit den Schmerzen, wird die Medizin schon hinkriegen, da bin ich mir ziemlich sicher. Und den Rest erledigen Sie mit der Gitarre, wie bei meiner Taufe.“
Einige Wochen später als die Gitarre im verdunkelten Zimmer erklingt, huscht ein Lächeln über ihr Gesicht. Ich spiele ein Lied aus dem Tauf- und Hochzeitsgottesdienst: „Gottes Wort ist wie Licht in der Nacht, es hat Hoffnung und Zukunft gebracht. Es gibt Trost, es gibt Halt in Bedrängnis, Not und Ängsten, ist wie ein Stern in der Dunkelheit.“
Das Sprechen fällt ihr schwer. Es ist auch fast alles gesagt. Dann doch noch der eine Satz: „Loslassen“, sagt sie. „Das ging alleine nicht. Aber mit ihm da oben schon.“
Dieser Beitrag war am 25.2.2018 in WDR 2 zu hören.
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