Beten, aber wie? (Lk 11,5-13) Predigt

Betender Mann
foto: sxc.hu

Alles ist angerichtet. Alles vorbereitet. Monatelange Planungen sind an ihrem Ziel angekommen. Der Tisch gedeckt, der Wein entkorkt. Köstlichkeiten stehen bereit.
Gäste werden erwartet und haben zugesagt.
Alles passt. Nur das Wetter muss noch mitmachen, denn die Feierlichkeit findet unter freiem Himmel statt.
Und immer, wenn etwas unter freiem Himmel stattfindet kommt sprichwörtlich der Petrus ins Spiel, zu welchem kirchlichem Bodenpersonal stets eine besondere Beziehung nachgesagt wird.
Offenbar hilft jetzt nur noch beten.

Szenenwechsel:
Das Stadion ist bis zum letzten Platz gefüllt. 75.000 Menschen schauen auf einen einzigen Punkt. Es ist die 89. Spielminute. Elfmeter im Halbfinale der Fußballweltmeisterschaft. Bringt dieser Elfmeter die Entscheidung? Die Hände der Fans sind ineinander verschränkt. Die Knöchel vom Druck weiß und blutleer. Der Blick geht vom Elfmeterpunkt weg auf den Boden. Die gefalteten Hände bleiben über dem Kopf nach oben zum Himmel gereckt.
Offenbar hilft jetzt nur noch einer: Der vielbeschworene Fußballgott.

Erneuter Szenenwechsel:
Am Krankenbett nach der letzten Chefarzt Visite spart sich dieser das aufmunternde Schulterklopfen a la „Es wird schon wieder“, sondern gibt unumwunden seinen medizinischen Bericht von sich, der nur eine einzige Deutung zulässt…

Drei Szenen, die alltäglich anmuten, dennoch gerade nicht alltäglich sind, sondern für die Menschen, die sich in diesen Situationen befinden, eine mehr oder minder Schwere, aber immerhin eine Belastung darstellen.
Der Volksmund fasst das zusammen in: „Not lehrt beten“.

Wenn die Not wirklich beten lehrt, dann kann der Anschein entstehen in der Kirche gäbe es besonders viel Not.
Denn hier wird ohne weitere Vorwarnung geradezu „drauflosgebetet“.

Wenn in der Kirche aber „ohne Not“ gleichwohl dennoch gebetet wird, handelt es sich dann vielleicht gar nicht um die gleiche, sondern vielleicht nur um eine ähnlich scheinende Sache?

Lk11,5-13
Der Abschnitt aus dem Lukas Evangelium geht der Frage nach, wie man oder frau beten soll. Er gibt damit aber eigentlich keine Anleitung, sondern beschäftigt sich vielmehr Frage, wie Gott als Adressat des selbstverständlichen Gebetes die Art und Weise dessen, der mit Gott redet, verändert. Da ist sie wieder diese Differenz, die eingangs schon einmal auftauchte. Der Unterschied zwischen selbstverständlichem Tun und der Ausnahmesituation des ,nur im äußersten Notfall, in Frage Kommenden.

Gerade diese Differenz bereitet heute vielen Zeitgenossen Kopfzerbrechen. Denn das nur im äußersten Notfall in Frage Kommende, ist zu gleich einer Fraglichkeit ausgesetzt, die in neutestamentlicher Zeit gar nicht in den Blick kam.

Gebet ist über Jahrtausende hinweg praktiziert worden. Und nicht nur in der christlichen Tradition gibt es einen unzähligen Schatz an Gebetbüchern, Gebetsordnungen, und Texten über das Gebet. Und Gebet wird auch heute praktiziert. In allen öffentlichen Gottesdiensten und zu Hause im privaten Raum.

Gleichwohl scheint es heute vielen fremd, aber dennoch wie zu einem Notfallkoffer dazugehörig.

Nun ist es der Erzählkunst des Lukas Evangeliums zu verdanken, dass es, obwohl für Menschen geschrieben, denen das Gebet nicht fraglich war, dennoch einen Hinweis für diejenigen liefert, denen es dem Wesen und Inhalt nach fremd ist. In erster Linie wird hier nämlich nicht die öffentliche, gut formulierte Rede als Gebet angepriesen, sondern das persönliche Reden einer (fast) Alttagssituation als Beispiel gewählt:
Mit Gott, der wie im Vaterunser mit „Papa“ angeredet werden darf, kann man reden wie mit einem Freund.
Ob öffentlich oder heimlich, regelmäßig oder selten.
Die Vertrautheit scheint wichtig. Und: Das Vertrauen nicht enttäuscht von dannen ziehen muss: „Denn wer da bittet, der empfängt; und wer da sucht, der findet; und wer da anklopft, dem wird aufgetan.“

Es scheint aber auch wichtig zu sein, dass der, der nur den Notfallkoffer des Gebetes kennt, nicht unverrichteter Dinge wieder abziehen muss.
Denn das quasi unverschämte „Drängen“ zur Notzeit mitten in der Nacht motiviert den Freund geradewegs zu geben „soviel er bedarf.“

Wichtiger als das, was Gebet „ist“, ist das was sich im Gebet für dich und für mich „ereignet“:

Denn im Gebet kommt Gott zu mir, so wie er sonst zu keinem kommt. Im Gebet wird er mein Gott und ich werde sein Kind.
Ohne Worte und Geste.
Manchmal sogar ohne Stille.
Denn ich merke wie im Kinderlied:
Wo ich gehe, wo ich stehe, ist der liebe Gott bei mir. Wenn ich ihn auch niemals sehe, weiß ich dennoch. Gott ist hier.

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