Predigerinnen auf der re:publica

Ja, es gibt sie, die Predigerinnen und Prediger auf dem größten europäischen Internet Kongress, der in diesem Jahr auch hier und da als „Messe“ bezeichnet wurde.
Auch wenn damit nicht die gemeint sind, die sonst auf Kanzeln anzutreffen sind. Derer war nur eine Hand voll anwesend. Und dennoch wurde „gepredigt“.
Z.B. von Constantin Seibt. Seine Session erinnerte gelegentlich an die Klagelieder Jeremias, dem Propheten, der unter seinem Auftrag litt, wie kein zweiter. Er wird auch oft den Eindruck gehabt haben, dass sie ihm die „Kanzel unter dem Hintern weggezogen“ haben, als er forderte doch endlich „Haltung“ zu zeigen, statt sich in oberflächlichen Kleinigkeiten des Lebens zu ergehen.

Keineswegs ein Klagelied stimmte dagegen Sarah Spiekermann an, die für die Entwicklung einer „ethischen Maschine“ eintrat. Psalm 8,6 wurde von ihr zitiert, wenngleich ohne Quellenangabe 😉

Richtig charismatisch wurde es bei Viktor Mayer-Schönberger . „Freiheit und Vorhersage“! Wer sich je mit der Frage nach dem Freien Willen im Anschluss an Martin Luthers „De Servo Arbitrio“ befasst hat, kam aus der anhaltenden Kontextualisierung dessen, was mit Big Data beschrieben werden soll, gar nicht mehr heraus.

Schon bei der Eröffnung wurde klar, dass sich die Netzgemeinde in den Tagen des 6.-8. Mai „Kraft, Mut und auch Hoffnung“ (Tanja Haeusler) versprach. Einiger inhaftierter Blogerinnen und Blogger aus Syrien, Vietnam, China und Äthiopien wurde fürbittend gedacht.

Doch es gab nicht nur Predigt. Auch die Katechese hatte ihren Platz, etwa als Laura Dornheim die sieben Todsünden gekonnt auf Verfehlungen im digitalen Leben zuspitze. Am Schluss der Session gab es sogar eine „Spontan-Beichte“.

Etwas Kirchentags Atmosphäre kam auch auf. Etwa, als ein Berliner „Ironblogger“, der seit 2012 ein selbstgehostetes Blog betreibt, anhand einer Livepräsentation erklärte, wie am besten vorzugehen sein. Mein Fazit: Wer sich vor atheistischen Schuhen nicht fürchtet, sollte nicht darauf warten, dass sich die Netzgemeinde beide Jesus-Latschen anzieht. Einen hat sie schon in der Hand. Oder gar am Fuß.

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