Schlagwort: Predigt

Kirche im WDR

Deine Gedanken entscheiden über dein Leben

Auf dem Bahnhofsvorplatz habe ich neulich das Gespräch zweier älterer Damen belauscht. Die eine, schätzungsweise Ende siebzig, war mit dem E-Bike vorgefahren und hatte sich gerade das neue neun Euro Ticket für alle drei Monate gekauft. „Ich weiß zwar noch nicht, ob ich fahre, aber wenn ich fahre, habe ich ordentlich was gespart.“ „Ich weiß nicht, entgegnet die andere. Hier ist doch sowieso dauernd Schienenersatzverkehr. Und wenn mal ein Zug kommt, ist es mit dem neuen Ticket so voll, da bekommst du vom vielen Körper aneinander schubbern noch die Affenpocken!“ Ich überlege kurz, mich ins Gespräch einzuschalten und zu erwidern: „Nee, die Affenpocken kommen von den Chemtrails! Besinne mich dann aber eines Besseren, um nicht mit einem dummen Spruch das zarte Pflänzchen der Mobilitätswende zu gefährden und beschließe dem Gespräch besser nicht mehr zu folgen. Ich habe nämlich den Verdacht, dass es so endet, wie viele Gespräche dieser Art enden:

Meinung

Aushalten statt Abschaffen

Sie haben Freude am Ausmisten? Beschäftigen Sie sich mit dem Protestantismus, denn der ist „semper“ dabei sich aufgeräumt zu präsentieren! Er hat viel Erfahrung mit Ballast, der unnütz geworden zu sein scheint: Bilder, Heilige, Papst, Tod und Teufel, Plastikverpackungen, Dieselfahrzeuge und Massentierhaltung –alles weg, selbst Kirchentage. Warum nicht auch die Predigt abschaffen? Es ist besser gar nicht zu predigen, als schlecht zu predigen, oder auch umgekehrt. Die alljährliche Diskussion um die Qualität der Weihnachtspredigt ist diesmal schon früh dran. Wer mag kann sich selbst auf Spurensuche begeben und unter #abkanzeln fündig werden oder im eulemagazin die Binnendebatte verfolgen. Erhellende Einsichten wird man dabei vor allem über den Level der Ambiguitätstoleranz innerhalb der evangelischen Kirche erhalten. Mehrdeutigkeiten und Unsicherheiten ertragen können ohne dabei handlungsunfähig zu werden, das könnte zu einem probaten Mittel gottesdienstlicher Gestaltung insgesamt werden. Denn was für die einen unerträgliches „Gebastel“ und „Wildwuchs“ ist, erheben andere gerade zum Programm. Dass Predigt und Gottesdienst eine Zumutung bleiben, ist in Zeiten in denen alles auf den Prüfstein muss, vielleicht sogar nützlich. Wenn es doch nur etwas einfacher wäre sich gegenseitig auszuhalten! Dafür gibt es offensichtlich kein geeignetes Mittel. Der Journalist Armin Wolf hat diese Schwierigkeit sehr treffend beschrieben…