Kategorie: Knast

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Herr A.

Nur ein leises Klopfen ist an der Bürotür zu hören. Auf „Herein!“ erfolgt keine Reaktion. Ich öffne die Tür und bitte Herrn A. (23) einzutreten. Zögerlich nimmt er Platz. Seinen Vater möchte er anrufen, seit 4 Jahren hat er ihn nicht gesehen und seit einem Jahr nicht mehr gesprochen, weil telefonieren in Haft nur eingeschränkt möglich ist, nach Afghanistan erst recht.  Um seinen Vater zu kontaktieren muss Herr A. allerdings erst seine Mutter anrufen, die in Kabul wohnt, von ihr erhält er die Telefonnummer seines älteren Bruders, der schon lange im Ausland lebt…

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Ein Herz für Versager

Versager sein, mag niemand. Der Versager ist nämlich jemand, dem nicht nur hier und da etwas misslingt, sondern der immer wieder auf ganzer Linie scheitert und dem deswegen das Label des „Losers“ -entweder als Fremd- oder als Eigenbeschreibung- anhaftet. Von Versagen, Scheitern, Verlieren zu erzählen ist mit Scham besetzt, obwohl es sich um zutiefst menschliche Erfahrungen handelt. Weil sich Erfolgsgeschichten aber besser verkaufen lassen, gehört es dazu Momente des Versagens zu verschleiern.  Im zwischenmenschlichen Bereich ist die Ausrede ein wirkungsvolles Mittel der Verschleierung, das allerdings im beruflichen Kontext strikt zu vermeiden ist. Die berühmte „Lücke im Lebenslauf“ ist unter allen Umständen in Bewerbungsunterlagen zu unterlassen. So nimmt das Erzählen der Erfolgsgeschichten ihren Anfang. Biblische Geschichten dagegen machen ernst mit menschlichem Versagen und dennoch muss dieses oft erst mühsam freigelegt werden…

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Des Apfels Kern

Seit Monaten sitzt er in seiner Zelle. Wenn er sich auf sein Bett stellt, kann er durch einen Glasbaustein den Himmel sehen. An dem kleinen Tisch versucht er in Worte zu fassen, was ihn umtrieb, als er den Entschluss fasste abzudrücken. Es gelingt nicht, er gibt auf. Einmal in der Woche gibt es einen Apfel, ein Highlight, wie er sagt. Die Kerne wickelt er in Toilettenpapier, feuchtet es an und steckt es hinter die Heizung. Keimen sollen sie, so die Hoffnung. Nach einigen Wochen ist es soweit: Zwei Kerne haben gekeimt. Beim nächsten Hofgang ergattert er etwas Erde, füllt sie in den kleinen Joghurt Becher und hofft nicht entdeckt zu werden. Immerhin das gelingt. Er pflanzt die gekeimten Kerne ein, hegt und pflegt und hofft. Hofft, dass ein Pflänzchen entsteht, hofft, dass es ihm nicht genommen wird. Es glückt, auch mit dem Schreiben. Nun schreibt er über sich in der dritten Person. Die Blätter werden voll, das Pflänzchen wächst. Heute steht das Pflänzchen in einem Pfarrgarten. Es dürfte in den letzten 17 Jahren zu einem Baum gewachsen sein. Er will sehen, was aus ihm geworden ist, wenn er raus kommt. Und aus dem Baum. In zwei Jahren, vielleicht.

hüpfender Gitarrenspieler
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Jesaja 43,1 Worte, die verändern

Worte gibt es mehr als genug. Täglich begleiten sie uns. Dem Eindruck, dass sie immer mehr werden, können wir uns nicht entziehen. Oft jedoch laufen sie ins Leere oder wiederholen sich sogar. Worte, die verändern, die wären was. Die wären eine Kostbarkeit.
Ein solches Wort findet sich in der Bibel, beim Propheten Jesaja:

„So spricht Gott der Herr,
der dich geschaffen hat
und der dich gemacht hat:
Fürchte dich nicht,
denn ich habe dich erlöst;
ich habe dich bei deinem Namen gerufen;
du bist mein!“
Jesaja 43,1

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Synodenbericht zur Gefängnisseelsorge

Seit einer viertel Stunde steht er in der prallen Sonne. Es ist über dreißig Grad an diesem Tag im August. An seinem karierten Hemd ist ein Schildchen angesteckt.: „Besucher“ ist darauf zu lesen. Für Walter* ist es ein besonderer Tag. Er will noch einmal an den Ort seiner Jugend. Walter ist inzwischen 86 Jahre alt geworden. Baseball Kappe auf dem Kopf, Bermuda und Sandalen. So steht er aufgestützt auf zwei Walking Stöcken auf dem Eingangsgelände der JVA.
Er wolle sich das Gelände noch einmal ansehen, ob das möglich wäre, hatte er an der Pforte gefragt. Durch ein Missverständnis hatte man ihm Einlass gewährt. Für einen ehemaligen Beamten hatte man ihn gehalten und bei mir angefragt, ob ich mit ihm einen Rundgang über das Gelände machen könne.
Ich strecke Walter zur Begrüßung die Hand entgegen und greife in einen Fahrradhandschuh. Wir gehen los…

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Kunst im Knast

Ausstellung „Du stellst meine Füße auf weiten Raum“, Sechs Landschaftsbilder von Marlies Blauth. Herzliche Einladung zur Eröffnung am Sonntag, 28.2.2016 in der Kirche…