Grenzen der Erkenntnis nach Martin Urban

Gehirn in Hand
foto: scx.hu

Mit großem Vergnügen lese ich die Süddeutsche Zeitung. Auch unter der Rubrik „Wissen“ finde ich Interessantes aus dem Bereich Naturwissenschaft, das mir Fakten so erklärt, dass auch ich sie verstehen kann.
Nun schreibt der ehemalige Leiter des Wissenschaftsressorts, Martin Urban, einen Artikel über Epistemologie mit dem Titel die „Grenzen der Erkenntnis“ Untertitel: „Wie das Gehirn die Wirklichkeit zu Weltbildern verzerrt“.
Der Grundtenor dieses Beitrages lässt sich schnell zusammenfassen: Die Welt ist unendlich viel komplizierter als sie erscheint.
„Die Erkenntnisse der Naturwissenschaft seien mittlerweile so abstrakt geworden, dass man sie sich nicht mehr vorstellen“ könne. Die Religion dagegen ist für ihn ein einfaches System, das aus unsinnigen Dogmen besteht, die zu sinnlosen rituellen Handlungen führen.
Religion solle sich damit abfinden, dass sie „nur“ im Kopf entsteht, so wie alle unsere Weltbilder.

Ärgerlich ist die undifferenzierte Vermengung zwischen philosophischen, theologischen, und psychologischen Fragestellungen, die bunt durcheinander gewürfelt, schließlich beim Schamanismus endet. Es beschleicht einen der Verdacht, hier bewege sich jemand auf den Spuren der Verarbeitung eigener religiöser/konfessioneller Geschichte, ohne sich darüber Rechenschaft gegeben zu haben.

Dass „Religion“ ein ebenso komplexes System ist, wie Naturwissenschaft, scheint dem Autor fremd. Ebenso fremd scheint ihm die Theologie als wissenschaftliche Disziplin zu sein. Zitat: „Offensichtlich gewöhnt man sich daran, dass es unendlich viel gibt, dass man zwar nicht durchschaut, ohne es aber hinterfragen zu wollen“. Genau das allerdings ist nun die Aufgabe von Theologie, auf die die Kirchen gerade nicht verzichten wollen.
„Dreifaltigkeit“, (in der Online Fassung nun „Trinität“) und Transsubstantiation (ohne Begriffnennung!) werden als Ausweis eines unsinnigen Glaubens ausgemacht, der mit „Wirklichkeit“ nichts zu tun habe, sondern Ausdruck eines „kreativen Aktes“ sei.
Zum Glück endet der Artikel mit einer Empfehlung aus scholastischer Zeit, so dass einem weitere Verzerrungen, etwas von Luhmanns Systemtheorie, erspart bleiben.
Immerhin hätte der Autor von Luhmann lernen können, dass man eine Religion nur so beobachten kann, wie sie sich selber beobachtet.

Somit wird am Schluß vor allem eins deutlich: Die Grenzen der Erkenntnis machen auch vor dem eignen „Selbst“ nicht halt.
Wer etwas wirklich gehaltvoll interdisziplinäres lesen will, halte sich am besten an Ulrich Schnabel. Der kann vieles aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten. Und zwar so, dass Erkenntnis Gewinn entsteht.
p.s.: zum Sinn entstellten Bonhoeffer Zitat „Einen Gott, den es gibt, gibt es nicht“, gibt es zwei weitere Beiträge in diesem Blog.

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